Sehr gute Genauigkeit für zuhause - aber keine digitale Anbindung

Die Omron BF511 Ganzkörperanalysewaage bietet eine sehr gute Genauigkeit für die Analyse der Körperzusammensetzung zuhause. Jedoch bleiben die Messergebnisse auf der Waage und können nicht per App digital abgerufen und ausgewertet werden. Das kann aus Datenschutzgründen attraktiv sein, erfordert aber einiges an manueller Schreib- oder Tipparbeit, falls die eigene Körperzusammensetzung über die Zeit beobachtet und ausgewertet werden soll. Für alle, die damit zurechtkommen oder keine Langzeitauswertung anvisieren, ist die Omron BF511 mit tetrapolarer Messtechnik (Messung an Händen und Füßen) für einen Preis von ca. 90 € sehr zu empfehlen.

Hintergrundwissen zu Körperfettwaagen

Körperfettwaagen werden auch Ganzkörperanalysewaagen genannt und dieser Begriff umschreibt ihre Funktionalität eigentlich besser. Denn aktuelle Geräte, wie die Omron BF511, bestimmen neben dem Körperfett weitere interessante Werte, wie Viszeralfett (Fett, das die inneren Organe umhüllt), Skelettmuskeln (Muskeln, die willkürlich gesteuert werden können), Body-Mass-Index (BMI, Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergröße) und Kaloriengrundumsatz (Kalorienbedarf, falls keine körperliche Aktivität ausgeführt wird).

Um die Qualität einer Körperfettwaage einschätzen zu können, sollte man zunächst drei Dinge wissen.

1. Körperfettwaagen senden ein elektrisches Signal durch den Körper, um dessen Widerstand, die sogenannte Bioimpedanz, zu messen. Diese Messung erfolgt über die metallischen Kontaktflächen, die auf der Trittfläche - und bei Waagen mit tetrapolarer Messtechnik, also bei Waagen mit Handstück, zusätzlich an diesem Handstück - verbaut sind.

2. Elektrischer Strom bevorzugt den direkten Weg. Das elektrische Signal, das Körperfettwaagen ohne Handstück aussenden, wandert also hauptsächlich vom Fuß, der auf der metallischen Kontaktfläche steht, über das Bein und den Unterleib in das andere Bein und schließlich über den anderen Fuß zurück in die andere metallische Kontaktfläche. Bei einer Messung ohne Handstück bleibt daher der größte Teil des Oberkörpers außen vor und seine Zusammensetzung muss geschätzt werden. Körperfettwaagen ohne Handstück sind deshalb grundsätzlich nicht zu empfehlen.^{Quelle Quelle}

3. Um aus der gemessenen Bioimpedanz die interessanten Werte wie Körperfett, Skelettmuskeln, usw. zu berechnen, wird vom Hersteller eine gewisse Anzahl an Probanden einmal mit der Körperfettwaage und einmal mit einer entsprechenden Referenzmethode (z.B. Dual-Röntgen-Absorptiometrie für Körperfett oder Magnetresonanztomographie für Skelettmuskeln) untersucht. Mit diesen Datenpaaren (Körperfettwaage und Referenzmethode) wird eine Regression (Umrechnungsformel) erstellt, um von den gemessenen Werten (Bioimpedanz und Gewicht) sowie den eingegebenen Werten (Alter, Größe und Geschlecht) zu den interessanten Werten des Körperfetts, Skelettmuskeln, usw. zu kommen. Damit diese Umrechnung möglichst genau wird, müssen ausreichend viele Probanden unterschiedlichen Alters, Geschlechts, Körperbaus und weiterer Faktoren untersucht werden.

Die Genauigkeit der Omron BF511

Mit diesem Hintergrundwissen kann nun auf den wohl interessantesten Punkt der Omron BF511, nämlich der Genauigkeit, eingegangen werden.

Genauigkeit laut Hersteller Omron

Der Hersteller nennt zum Thema Genauigkeit nur den sogenannten Standardfehler des Schätzwertes. Dieser Standardfehler wird bei der Körperfett- und Skelettmuskelbestimmung mit 3,5 % und bei Viszeralfettbestimmung mit 3 Punkten angegeben.^Quelle

Bei den Probanden, die der Hersteller zur Entwicklung bzw. zum Test der Waage herangezogen hat, lagen die tatsächlichen Werte also im Mittel um 3,5 % bzw. 3 Punkten höher oder niedriger als von der Waage angezeigt. Allerdings ist diese Zahl nicht ganz einfach einzuordnen, da der Hersteller u.a. nicht erläutert, welche und wie viele Probanden zur Berechnung dieser Zahl ausgewählt wurden.

Wissenschaftliche Auswertungen zur Omron BF511

Glücklicherweise liegen aber - im Gegensatz zu vielen anderen Körperfettwaagen - wissenschaftliche Studien mit mehr Details zur Omron BF511 (genauer gesagt, zu ihren Vorgängermodellen) vor.

Auswertung an der Universität Kiel

Eine Studie an der Christian-Albrechts-Universität Kiel evaluierte z.B. das Vorgängermodell Omron BF500 an 106 Erwachsenen im Alter von 22 bis 78 Jahren und mit einem BMI von 16 bis 40 Punkten.^Quelle Diese große Anzahl an Probanden und breite Spanne beim Alter und BMI lässt Aussagen für Personen unterschiedlichsten Alters und Körperbaus zu.

Die Omron BF500 zeigte in dieser Studie hohe Übereinstimmung mit den Referenzmethoden bei der Bestimmung des Körperfetts (mittlere Überschätzung von nur 0,99 %), der Skelettmuskeln (mittlere Unterschätzung von nur 60 Gramm) und dem Viszeralfettindex (mittlere Überschätzung von nur 0,19 Punkten). Die Omron BF500 lag also deutlich unter der Fehlerangabe des Herstellers, die bei diesem Modell ebenfalls mit 3,5 % für Körperfett und Skelettmuskeln, und 3 Punkten für Viszeralfett angegeben wird.^Quelle

Weiterhin war die Omron BF500 die einzige der vier Körperfettwaagen in dieser Studie, die keinen systematischen Fehler bei der Berechnung des Körperfetts aufwies. D.h. es zeigte sich keine unerwünschte Abhängigkeit in der Art, dass das Körperfett bei schmächtigeren Probanden überschätzt und bei kräftigeren Probanden unterschätzt wurde. Ein solch systematischer Fehler wurde nämlich bei den anderen Körperfettwaagen der Studie festgestellt.

Zuletzt zeigte die Omron BF500 sehr hohe Korrelationen mit den Referenzmethoden. Das bedeutet, dass z.B. bei zwei Personen mit einem Unterschied von 5 % im Körperfettanteil dieser Unterscheid auch zuverlässig von der Waage angezeigt wird - selbst dann, wenn das Körperfett beider Personen im Mittel um die oben genannten 0,99 % überschätzt wird.

Auswertung an der Texas A&M University

Forscher der Texas A&M University untersuchten ebenfalls die Omron BF500.^Quelle Allerdings wurde in dieser Studie nur die Körperfettbestimmung evaluiert und die Probandengruppe bestand aus 81 College-Studenten und -Studentinnen.

Die Ergebnisse dieser Studie sollten also primär für Aussagen zur Genauigkeit bei Personen im College-Alter herangezogen werden. In dieser Gruppe zeigte die Omron BF500 eine mittlere Überschätzung des Körperfetts von 1,5 % bei den Studenten und (leider) 5,4 % bei Studentinnen.

Nichtsdestotrotz wurde die sehr gute Korrelation mit der Referenzmethode aus der Studie in Kiel bestätigt. D.h. steigt oder fällt das Körperfett, so zeigt die Omron BF500 diesen Anstieg oder Abfall auch an.

Auswertung an der Michigan State University

In einer dritten Studie wurde die Omron HBF510W an 77 College-Studenten und -Studentinnen von Forschern der Michigan State University getestet.^Quelle Diese Studie kam zu einem ähnlichen Ergebnis wie die Studie an der Texas A&M University.

Das Körperfett wurde im Mittel um 2,0 % bei den Studenten und 4,6 % bei Studentinnen überschätzt. Die Studie lieferte aber noch zwei weitere interessante Fakten. Zum einen wurde wieder die hohe Korrelation mit der Referenzmethode bestätigt.

Zum anderen wurde die Retest-Reliabilität, also ob bei gleichen Personen an unterschiedlichen Tagen konsistente Werte gemessen werden, evaluiert. Die Forscher ermittelten eine sehr gute Retest-Reliabilität der Omron BHF510W. Bei den Studenten wurde im Mittel der exakt gleiche Wert gemessen und bei den Studentinnen lag die Differenz bei nur 0,4 %.

Fazit zur Genauigkeit der Omron BF511

Basierend auf diesen Studien kann man zusammenfassen, dass die Omron Geräte grundsätzlich eine gute Genauigkeit bieten. Steigende oder fallende Werte beim Körperfett, den Skelettmuskeln oder dem Viszeralfett sollten zuverlässig erkannt werden (hohe Korrelation).

Messungen an aufeinander folgenden Tagen sollten nur geringfügig schwanken (hohe Retest-Reliabilität). Einzig bei Frauen im Studentinnen-Alter könnte laut den amerikanischen Studien eine etwa 5-prozentige Überschätzung des Körperfetts zu erwarten sein.

Allerdings kann diese Überschätzung auch darin begründet sein, dass die amerikanischen Studien keine so rigorose Vorbereitung der Probanden wie die deutsche Studie eingefordert haben, in der alle Probanden am Morgen auf nüchternen Magen untersucht wurden. Denn Faktoren wie der Zeitpunkt der Messung, eingenommene Mahlzeiten oder Flüssigkeitshaushalt haben großen Einfluss auf die Genauigkeit (siehe auch Abschnitt „Zeitpunkt der Messung“ unten)

Wer also die eigene Körperzusammensetzung nicht auf den letzten Prozentpunkt genau wissen möchte, sondern an langfristigen Veränderungen interessiert ist, um z.B. die Erfolge einer Ernährungsumstellung oder sportlicher Aktivität zu messen, der ist bei der Omron BF511 an der richtigen Stelle. Und mit dieser Einstellung sollte man an Körperfettwaagen für den Heimgebrauch und einen Preis von ca. 90 € herangehen.

Benutzung der Omron BF511

Die Omron BF511 wird über einen Schalter, den man mit dem Fuß bedienen kann, eingeschaltet (das Ausschalten erfolgt über den gleichen Schalter oder über eine zeitbasierte Abschaltautomatik).

Bei der erstmaligen Verwendung müssen zunächst Alter, Körpergröße und Geschlecht über das Handstück eingegeben werden. Der Vorgang wird in der beiliegenden Anleitung beschrieben und ist schnell erledigt.

Profildaten können für maximal vier Personen auf der Waage gespeichert werden, jede weitere Person muss ihre Daten über den Gastmodus direkt vor der Messung (ohne Speicherung) eingeben.

Zur Messung aller Werte (Körpergewicht, Körperfett, Skelettmuskeln, Viszeralfett, Body-Mass-Index, Kaloriengrundumsatz) muss das Handstück mit nach vorne ausgestreckten Armen gehalten werden. Nach abgeschlossener Messung werden im oberen Display die aktuell ermittelten Werte und im unteren Display die Werte der letzten Messung zum Vergleich angezeigt. Eine weitreichendere Historie steht (leider) nicht zur Verfügung.

Zur Interpretation der Körperfett-, Skelettmuskel-, Viszeralfett- und BMI-Werte wird auf dem Display eine Einordnung in die Stufen "niedrig" (-), "normal" (0), "hoch" (+) und "sehr hoch" (++) angezeigt. Weiterführende Informationen wie Normwertbereiche sind in der Bedienungsanleitung zu aufgeführt.

Eine alleinige Messung des Körpergewichts ist natürlich auch möglich. Dabei bleibt das Handstück einfach in der Waage stecken.

Der ideale Zeitpunkt für Körperfettmessungen

Der Zeitpunkt bzw. die Umstände, unter denen die Köperzusammensetzung gemessen wird, hat enormen Einfluss auf die Genauigkeit. Dies gilt nicht nur für die Omron BF511, sondern für alle Körperfettwaagen.

In der Bedienungsanleitung der Omron BF511 wird deshalb z.B. empfohlen, nach einer Mahlzeit oder einem Bad mindestens zwei Stunden vergehen zu lassen.

Der Hintergrund solcher Empfehlungen ist, dass viele Faktoren (z.B. feuchte Haut, Schweiß auf der Haut, langes Stehen, voller Magen, Menge aufgenommener Flüssigkeit, sportliche Aktivität) das elektrische Signal, das zur Messung der Bioimpedanz durch den Körper geschickt wird (siehe Abschnitt "Hintergrundwissen"), beeinflussen können.

Um die bestmögliche Genauigkeit zu erreichen, sollte die Messung daher direkt am Morgen, ohne Kleidung, mit nüchternen Magen und möglichst ohne starker körperlicher Anstrengung am Vortag durchgeführt werden. Diese Vorgehen wird typischerweise in wissenschaftlichen Untersuchungen angewandt.

Mein Fazit zur Omron BF511

Die Omron BF511 ist ein hochwertiges Gerät zur detaillierten Analyse der eigenen Körperzusammensetzung. Im Gegensatz zu vielen anderen Körperfettwaagen für den Heimgebrauch setzt die Omron BF511 auf tetrapolare Messtechnik (Messung an Händen und Füßen), was die Genauigkeit deutlich gegenüber einer Messung nur an den Füßen erhöht. Weiterhin ist die Omron BF511 eine der wenigen Körperfettwagen für Consumer, die durch unabhängige wissenschaftliche Studien evaluiert und für gut befunden wurde.

Als einzigen Kritikpunkt könnte man die fehlende Konnektivität zur digitalen Welt aufführen - falls dieses Feature von Interesse ist. Auf der anderen Seite kann dieses Problem einfach mit Stift und Papier oder einer kleinen Excel-Tabelle gelöst werden. Und dabei wird aus dem scheinbaren Nachteil wieder ein Vorteil, da die Daten sicher im eigenen "Hoheitsgebiet" und in keiner Cloud liegen.